Description |
Das Seminar unterwirft musik- und kunstsoziologische Fragestellungen einer wissenssoziologischen Reflexion im Anschluß an die neuere Forschung: Was hat Musik machen, Kunstpraxis überhaupt mit Wissen zu tun? In welche Strukturen des Wissens sind unsere eigenen musikalischen und künstlerischen Präferenzen eingebettet? Wie ist es zu verstehen, dass Musiker, die keine Noten lesen können und keine theoretische Grundlagen kennen, trotzdem herausragende Künstler sein können? Wie wird Musik sowohl mittels Traditionen als auch über kulturelle Differenzen hinweg vermittelt und aufgefaßt? Wie ist musikalisches und künstlerisches Wissen gesellschaftlich verortet? - Neben handlungstheoretischen Aspekten rücken kompetenztheoretische Gesichtspunkte in den Vordergrund. Es soll auch am Beispiel von Gesprächen mit Musikerinnen und Musikern erörtert werden, wie sich das Verhältnis von implizitem und explizitem Wissen in der Musikausübung und beim Schaffen von Musik (Komposition, Improvisation, Arrangement) gestaltet. Zur Wiedervorlage gelangt daran anknüpfend der Begriff des musikalischen Materials nach Adorno, dem - malgré lui - eine wissenssoziologische Transformation bevorsteht. Wir gehen weiter der Frage nach, wie und inwieweit Kommunikation über Musik in szenetypischem Wissen (Lebensstil, Atmosphäre, Emotionen, Selbstbeschreibungsdiskurse der Künstler, "Insiderwissen") verankert ist. Wir unterscheiden verschiedene Arten von Diskursen über Musik in Alltag, Konzertleben und Wissenschaft und untersuchen die verschiedenen Formen der Institutionalisierung musikalischen Wissens bishin zu den Bildungsinstitutionen und Sozialisationsinstanzen.
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Literature |
Vorläufige Literaturliste:
T. W. Adorno, Ästhetische Theorie, Gesammelte Schriften Band 7, Darmstadt 1997.
P. Bourdieu, Entwurf einer Theorie der Praxis, Frankfurt a.M. 1976.
P. Bourdieu, Aber wer hat denn die "Schöpfer" geschaffen?, in: Soziologische Fragen, Frankfurt a. M. 1993, S. 197-211.
P. Bourdieu, H. Haacke, Freier Austausch. Für die Unabhängigkeit der Phantasie und des Denkens, Frankfurt a.M. 1995.
S. K. Figueroa-Dreher, "Wann und weshalb ist Improvisation kreativ?", in: U. Göttlich u. R. Kurt (Hrsg.), Improvisation, Kreativität und Spontaneität als Herausforderungen für die Kultursoziologie, Wiesbaden 2012.
R. Grathoff, Milieu und Lebenswelt. Einführung in die phänomenologische Soziologie und die sozialphänomenologische Forschung, Frankfurt a.M. 1989.
E. Hüppe, Urbanisierte Musik. Eine Studie über gesellschaftliche Determinanten musikalischer Raumproduktion und Raumaneignung, Münster 2012.
H. Joas, Die Kreativität des Handelns, Frankfurt a.M. 1996.
R. Keller, Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines Forschungsprogramms, 3. Aufl., Konstanz 2011.
A. Schütz, "Gemeinsam Musizieren. Die Studie einer sozialen Beziehung", Mozart und die Philosophen", in: Gesammelte Aufsätze II, Den Haag 1971, S. 129-173.
A. Schütz, T. Luckmann, Strukturen der Lebenswelt, Konstanz 2003.
R. Schützeichel, Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung, Konstanz 2007.
H. Willems, Synthetische Soziologie. Idee, Entwurf, Programm, Wiesbaden 2012.
M. Willems u. H. Willems, "Wissensformen und Sinngeneratoren. Zum komplementären Verhältnis des New Historicism zu Ansätzen der Kultursoziologie", in: C. Bohn, H. Willems, Sinngeneratoren. Fremd- und Selbstthematisierung in soziologisch-historischer Perspektive, Konstanz 2001, S. 357-428.
T. Zembylas, C. Dürr, Wissen, Können und literarisches Schreiben. Eine Epistemologie der künstlerischen Praxis, Wien 2009. |