Kommentar |
Über 700 großformatige Seiten ist die Chronik stark, die der Drucker Johann Koelhoff der Jüngere von Januar bis August 1499 wohl in einem außerordentlichen Kraftakt mit seinem Team setzte, druckte und zugleich aufwändig bebilderte. Ehrgeiziges Ziel seines Großprojekts war, der Geschichte seiner Heimatstadt wie auch dem gesamten Nordwesten des römisch-deutschen Reichs ein Denkmal zu setzen – und nimmt man die Zahl der bislang heute erhaltenen Exemplare zum Gradmesser, so scheint ihm das auch gelungen zu sein: Bis heute ist sie in mehr als 209 Stücken bekannt, die weit über das Rheinland und die heutigen Grenzen Deutschlands hinaus von Neuseeland bis Kanada in 23 Ländern rund um den Globus aufbewahrt werden. Nichtsdestotrotz hat die Forschung die Chronik bislang oft eher skeptisch bewertet, ihre Inhalte als geistlose Kompilation fremder Werke getadelt, ihren Druck als unternehmerischen Misserfolg kritisiert, ihre Wirkung als gering eingeschätzt. Offen bleibt allerdings die Frage, wie stark in diesen kritischen Urteilen der nach wie vor lückenhafte, unzulängliche Forschungsstand eine Rolle spielt. Dazu zählt vor allem auch, dass das Werk bislang nur in einer völlig ungenügenden Edition vorliegt.
Ein über mehrere Semester und an mehreren Universitätsstandorten angelegtes Lehr- und Forschungsprojekt will die Inkunabel daher digital erschließen. Während im vergangenen Sommer an drei Standorten in Köln, München und Münster die Voraussetzungen für die Transkription des Chroniktexts geschaffen wurden, wollen wir in diesem Semester mit der inhaltlichen Erschließung und Kommentierung ausgewählter Episoden starten. Mittelfristig ist geplant, die Ergebnisse unserer Arbeit in Form einer digitalen Edition im Netz zu veröffentlichen. Teil des Semesterprogramms wird eine Exkursion nach Köln an zentrale Schauplätze der Koelhoffschen Chronik sowie in die USB Köln sein, die sechs Exemplare des Werks verwahrt. |
Literatur |
Projekthomepage: https://www.uni-muenster.de/Geschichte/histsem/LG-G/Forschen/koelhoffschechronik.html (Stand: 11.12.2022). Die Cronica van der hilliger Stat Coellen […], Köln: Johann Koelhoff 1499 (GW 6688), für ein digitales Faksimile vgl. u.a. ULB Münster, Inc 865, URL: urn:nbn:de:hbz:6:1-430058 (Stand: 11.12.2022). Hartmut Beckers, Art. „Koelhoffsche Chronik“, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 5, Berlin/New York ²1985, Sp. 7-10. |