Internationale und transnationale Politikdiffusion
Inhalt
In Zeiten der Globalisierung findet die Politikgestaltung immer weniger in isolierten politischen Räumen statt. Die Verabschiedung politischer Programmen ist somit zunehmend von Ereignissen und Diskussionen in anderen Ländern oder auf der internationalen Ebene beeinflusst. Auf diese Weise kommt es immer wieder zu einer teils rasanten internationalen Ausbreitung politischer Regelungen. Das Seminar beschäftigt sich mit diesem Phänomen der Politikdiffusion. Es bietet einen Überblick über theoretische Ansätze und empirische Ergebnisse der Literatur zur Politikdiffusion und ermöglicht den Studierenden, auf Grundlage verfügbarer Informationen eigene empirische Forschung zur Politikdiffusion durchzuführen.
Im ersten Teil werden die konzeptionellen Grundlagen und theoretischen Erklärungsansätze für Politikdiffusion diskutiert. Auf Basis der einschlägigen Literatur wird Politikdiffusion zunächst von verwandten Konzepten wie Politikkonvergenz oder Politiklernen abgegrenzt. Dann diskutieren wir verschiedene Formen der freiwilligen Politikübernahme (horizontal oder vertikal) und verschiedene Faktoren, die die freiwillige Politikübernahme mehr oder weniger wahrscheinlich machen. Zudem behandeln wir die Frage, welche Rolle nationale politische Triebkräften bei der Ausbreitung von Politiken spielen und wo die Grenzen der Politikdiffusion liegen.
Der zweite Teil des Seminars wendet sich einem konkreten Beispiel von Politikdiffusion zu: der Ausbreitung von Rauchverboten und anderen Gesetzen zur Eindämmung der negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Tabakkonsums. Die Studierenden werden in Gruppen eingeteilt, die sich jeweils einem Aspekt dieses politischen Maßnahmenbündels empirisch zuwenden. Auf Basis von Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderer Organisationen soll zunächst ein Überblick über die internationale Verbreitung dieser Politiken erstellt werden. Mit Hilfe dieser Überblicksdaten können einige der theoretischen Annahmen von Diffusionsprozessen empirisch überprüft werden. Danach sollen die Gruppen dann anhand von Fallstudien einzelne Reformen nachzeichnen und versuchen herauszufinden, welche Rolle internationale, transnationale und nationale Faktoren dabei hatten. Am Ende sollen dann die Gruppen ihre wesentlichen Ergebnisse präsentieren.
Voraussetzungen für den Leistungsnachweis sind die aktive Beteiligung im Seminar, die Mitarbeit an einer der Forschungsgruppen sowie die Teilnahme an der Gruppenpräsentation der Ergebnisse. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, durch Anfertigung einer längeren Hausarbeit zu einem im Seminar behandelten Thema die Modulabschlussprüfung im Rahmen des Seminars zu absolvieren.
Einführende Literatur
Holzinger, Katharina, Helge Jörgens, and Christoph Knill, Hrsg. (2007): Transfer, Diffusion und Konvergenz von Politiken. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (PVS-Sonderheft 38).
Lütz, Susanne (2007): Policy-Transfer und Policy-Diffusion, in: Arthur Benz, Susanne Lütz und Georg Simonis (Hrsg.), Handbuch Governance: Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 132–143.
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