Im Zuge der #metoo-Diskussionen sind Geschlechterverhältnisse – und damit auch Machtverhältnisse – in der Kreativwirtschaft in das Zentrum des politischen Interesses gerückt. Dabei changieren Thematiken und Fragestellungen zwischen einem spätkapitalistischen Neoliberalisierungsimperativ, dem auch die ‚schönen Künste‘ unterliegen, und radikaler Gesellschaftskritik durch kontrahegemoniale Positionen, die im künstlerischen Freiraum aufzublühen scheinen. Trotz ihrer vermeintlichen Freiheit unterliegt Kreativität in der Spätmoderne ökonomischen Kalkülen der Effizienzsteigerung und Vermarktungsoptimierung. Darüber hinaus bindet sich Ästhetisierung oftmals an dominante Idealvorstellungen von Schönheit, denen sexistische oder misogyne Konzepte zugrunde liegen. Letztlich lässt sich auch in der Kreativwirtschaft und der benachbarten „Kulturindustrie” (Horkheimer/Adorno 1969) eine Spaltung zwischen Elite und Prekarisierten (Lorey 2012, Butler 2005, Butler/Athanasiou 2014) beobachten, die auch entlang von Geschlechternormen verläuft.
Um diesen Thesen und Fragen nachzugehen, untersucht die Ringvorlesung die Rolle, die Frauen* in der creative class – in der Kunst, im Journalismus, in der Dramaturgie, in den Musik-, Theater- oder Filmwissenschaften. Ziel der Ringvorlesung ist es daher, an „das Dispositiv der Kreativen” (Reckwitz et al. 2016) anzuschließen und aus einer interdisziplinären Perspektive die geschlechterpolitischen Dimensionen der Kreativwirtschaft auszuleuchten. Im Zentrum steht die Frage nach einer bestimmten Logik des Wissens, das anhand von Formen diskursiver Wahrheitsproduktion des Imaginären und kultureller Problematisierung, Instrumenten, Architekturen, Medien und Technologien sowie Subjektivierungsweisen, bestimmte Zustände, Ordnungen und Machtverhältnisse hervorbringt und organisiert. Dazu sollen sowohl Personen aus der kreativwirtschaftlichen Praxis als auch wissenschaftliche Einordnungen – aus theoretischer wie auch aus empirischer Perspektive – zu Wort kommen.
Die Ringvorlesung kann von Studierenden der politikwissenschaftlichen Studiengänge als Bachelorseminar besucht werden. Die Seminarplätze werden über das reguläre Vergabeverfahrenden des IfPol zugeteilt. Sobald das Vergabeverfahren der Seminarplätze abgeschlossen ist, erhalten die am Bachelorseminar teilnehmenden Studierenden zum Start der Vorlesungszeit des Sommersemesters 2021 eine Mail mit dem Zugang zum LearnWeb-Ordner. Die Ringvorlesung beginnt am 28.04.
Einmalig und ausnahmsweise findet im Nachgang der ersten Vorlesung am 29.04. zwischen 12-14h ein Treffen des Bachelorseminars statt, um Arbeitsformate zu organisieren und erste Fragen zu klären. Der Link hierfür wird Ihnen über das Learnweb zur Verfügung gestellt werden.
Um einen inhaltlichen Austausch jenseits der Sitzungen zu ermöglichen, werden die Teilnehmenden des Bachelorseminars in Arbeitsgruppen aufgeteilt, die semesterbegleitend zu autonom organisierten Diskussionsrunden zusammenkommen können.
Die Studienleistung besteht im Verfassen von zwei Sitzungsprotokollen in den jeweiligen Arbeitsgruppen; die Prüfungsleistung besteht im individuellen Verfassen eines Essays.
Literatur:
Reckwitz, Andreas (2016): Kreativität und soziale Praxis. Studien zur Sozial- und Gesellschaftstheorie. Bielefeld.
Lorey, Isabell (2012): Die Regierung der Prekären. Wien/Berlin.
Butler, Judith (2005): Gefährdetes Leben. Politische Essays. Frankfurt a.M.
Butler, Judith/ Athanasiou, Athena (2014): Die Macht der Enteigneten. Zürich. |