Kommentar |
Staatlichen Repressionen und Verboten ausgesetzt suchten die oppositionellen Gruppen, die sich Ende der 1970er und v. a. in den 1980er Jahren im staatssozialistischen Polen formierten, nach unterschiedlichen Wegen, um ihrem Protest an den bestehenden Verhältnissen Ausdruck zu verleihen. Abseits des offiziellen Publikations- und Zensursystems zirkulierten im Untergrund etwa Zeitschriften, Bücher sowie Flugblätter, die von Oppositionellen herausgegeben wurden und Kritik an Staat und Partei übten oder Tabus der Propaganda und Geschichtspolitik thematisierten. Auch Briefmarken fanden einen enormen Absatz, obwohl sie zur Verwendung in der staatlichen Post selbstverständlich nicht geeignet waren. Aber was zeigten diese Untergrundbriefmarken? Wie entstanden sie, wie verbreiteten sie sich und warum waren sie so erfolgreich?
In der Übung werden Briefmarken aus dem polnischen Untergrund exemplarisch als Quellen zur Oppositionsbewegung in der Volksrepublik Polen und zum ‚unabhängigen‘ Publikationswesen untersucht. Neben der Einordnung in den politischen und gesellschaftlichen Kontext steht v. a. die ‚Entschlüsselung‘ und Interpretation der Briefmarken selbst im Vordergrund. So wird auch die Anwendung der geschichtswissenschaftlichen Quellenkritik auf visuelle Quellen eingeübt und hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen reflektiert. |
Literatur |
Plate, Silke: Widerstand mit Briefmarken. Die polnische Oppositionsbewegung und ihre Unabhängige Post in den 1980er Jahren, Paderborn 2021, Dies.: Protest auf Briefmarken. Die Nachahmung postalischer Medien in der polnischen Oppositionsbewegung, in: Naguschewski, Dirk/Schöttker, Detlev (Hgg.): Philatelie als Kulturwissenschaft. Weltaneignung im Miniaturformat, Berlin 2019, S. 127–145; Paczkowski, Andrzej: Revolution and Counterrevolution in Poland, 1980–1989. Solidarity, Martial Law, and the End of Communism in Europe, Rochester/NY 2015; Borodziej, Wlodzimierz: Geschichte Polens im 20. Jahrhundert, München 2010; Friszke, Andrzej: Polen. Geschichte des Staates und der Nation, Berlin 2009. |