Kommentar |
Mittelalterliche Städte sind aus heutiger Perspektive durch eine Omnipräsenz des Religiösen gekennzeichnet. Eine geschichtswissenschaftliche Betrachtung des Themas zeigt, dass Religion in Städten auf dem Gebiet des mittelalterlichen Reichs verbindend wirken konnte und für verschiedene Gruppen und Institutionen eine identitätsstiftende Funktion hatte. Außerdem diente Religion der Legitimation von Herrschaft und der Stabilisierung städtischer Ordnung, sie war Motor für Akte der Jenseitsfürsorge, für die Bildung neuer Organisationsformen, für die Unterstützung von Armen und Kranken und nicht zuletzt für aufwendige Bauprojekte. Zugleich lässt sich eine große Vielfalt hoch- und spätmittelalterlicher Frömmigkeit erkennen. Verschiedene Auffassungen, worin der wahre Glaube und die richtige Lebensweise bestünden, trafen in der Stadt aufeinander. Religion führte zu sozialer Trennung, zu Exklusion und sogar zur Verfolgung von Personengruppen, die als heterodox dargestellt und wahrgenommen wurden. Aspekte von Religion wurden zur Durchsetzung eigener Interessen instrumentalisiert, sie konnten Kritik hervorrufen, sie fungierten als Ursache, Gegenstand und Mittel in Konflikten.
Im Proseminar werden wir ausgewählte religiöse Aspekte mittelalterlicher Städte auf dem Gebiet des Reichs anhand von Quellen und mithilfe von Forschungsliteratur untersuchen und dabei zentrale Elemente und Entwicklungen mediävistischer Stadtgeschichte kennenlernen. In diesem Zusammenhang ist stets zu diskutieren, inwiefern sich die religiöse Dimension von anderen Untersuchungsperspektiven sinnvoll trennen lässt.
Am Beispiel der Seminarthematik wird das vierstündige Proseminar außerdem eine Einführung in Grundbegriffe, Methoden und Arbeitstechniken der mittelalterlichen Geschichte geben, einen Überblick über wichtige mediävistische Hilfsmittel und Werkzeuge bieten und die Fähigkeit zur selbstständigen Recherche von Fachliteratur fördern. Vorausgesetzt wird die regelmäßige, aktive Teilnahme am Seminar (einschließlich Exkursionen) und die Bereitschaft, sich intensiv mit Forschungsliteratur und Quellentexten (nach Möglichkeit auch in Originalsprache) auseinanderzusetzen. Die verpflichtenden Studienleistungen für das Proseminar umfassen kleinere schriftliche Stundenvorbereitungen und eine mündliche Präsentation (inklusive Handout). Der Leistungsnachweis erfolgt durch die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit. |
Literatur |
Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter (UTB 1719), 4., aktual. u. erw. Aufl., Stuttgart 2014. Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150–1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, 2., durchges. Aufl., Köln – Weimar – Wien 2014. |