Afrika ist großer als die USA und China zusammen, vielfältig, reich an natürliche Ressourcen, bemerkenswerten Landschaften und Bodenschätzen. Und im Gegensatz zu Europa zeichnet sich Afrika durch eine junge Bevölkerung aus. Trotz in der Regel negativer Berichterstattung in den Medien entwickelt sich die Wirtschaft in einer ganzen Reihe von Ländern in Afrika dynamisch und weist positive Wachstumsraten auf. Gleichzeitig ist Afrika ein gezeichneter Kontinent. Das Erbe und die negativen Folgen des Kolonialismus sind immer noch deutlich und längst nicht überwunden. Politische Unruhen, Clanstrukturen und Korruption sind in vielen afrikanischen Ländern an der Tagesordnung. Es gibt „failed states“, Länder, in denen das Gewaltmonopol des Staates kaum oder gar nicht existiert. Und auch in Afrika führt der Klimawandel vermehrt zu Naturkatastrophen, Dürren oder Überschwemmungen, mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung.
Wie auch hierzulande, sind es in der Regel nicht oder nur bedingt Staat oder Wirtschaft, die sich der akuten Probleme vor Ort annehmen. Vielmehr ist dies in einem breiten Spektrum von Themen und Problemlagen die Zivilgesellschaft, die hier wie in afrikanischen Ländern aktiv wird und nicht selten eine Pionierrolle im Hinblick auf die Adressierung und konkrete Lösung von Problemen übernimmt, die die Menschen vor Ort direkt betreffen. Zunehmend erfolgt dieses Engagement auch grenz- und kontinent-überschreitend.
Im Besonderen trifft dies für Afrika zu. Neben vielen kirchlichen Gruppen, die bereits seit langem in Afrika tätig sind, haben sich studentische Initiativen gegründet, und es sind neue Formen der Ko-operation im Bereich Kunst und Kultur mit Bezug zu Afrika entstanden. Es ist die Zivilgesellschaft, die über Grenzen und Systeme hinweg zusammenarbeitet, Menschen, Regionen und Traditionen, so unterschiedlich diese auch sein mögen, zusammenbringt und nachhaltig für den „Eine-Welt-Gedanken“ eintritt.
Die Zielsetzung des Seminars besteht darin, einen genaueren Blick auf diese grenz- und kontinentübergreifenden zivilgesellschaftlichen Initiativen und Gruppen zu werfen. Als Einstieg hierzu dienen zunächst eine genauere Beschäftigung und das Kennenlernen unserer zivilgesellschaftlichen Traditionen. In einem zweiten Schritt wenden wir uns den Traditionen und der Entwicklung von Zivilgesellschaft in Afrika zu. Anders als bei uns hat in afrikanischen Ländern die Bedeutung von Philanthropie an Relevanz gewonnen. Entsprechendes gilt für die positive Entwicklung von Social Entrepreneurship, als eine Form des zivilgesellschaftlichen Engagements, das zwischen marktwirtschaftlichem Unternehmertum und Gemeinwohlorientierung angesiedelt ist.
Methodisch soll in diesem Seminar die Erstellung von Case Studies als ein spezifischer methodischer Zugang eingeübt werden. Hierzu wird in das methodische Vorgehen mit der Zielsetzung eingeführt, dass die Teilnehmer:innen als Studienleistung im Seminar eine Case Studie ihrer Wahl erarbeiten. Hierbei kann es sich handeln um:
- eine zivilgesellschaftliche Organisation / Initiative vor Ort, aus Deutschland oder Europa handeln, die in einem (oder mehreren) afrikanischen Land tätig ist,
- eine zivilgesellschaftliche afrikanische Organisation oder Initiative, die im Bereich Kunst und Kultur tätig ist und insofern grenzüberschreitend arbeitet,
- eine Charakterisierung der Traditionen und aktuellen Entwicklung der Zivilgesellschaft eines afrikanischen Landes.
Das Seminar ist eingebettet in eine interdisziplinär angelegte Veranstaltung, die am 12.&13. Juni im Franz Hitze Haus in Münster stattfindet zum Thema:
„Deutsch-afrikanischer Dialog: Zivilgesellschaften heute – Konflikt und Konsens“
Auf der Tagung wird behandelt, wie Zivilgesellschaft zur Konfliktüberwindung und zu Konsensfindung beitragen kann. Diese Thematik wird reflektiert aus der Perspektive der Ethnologie, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft/Konfliktforschung. Hierbei liegt der Fokus auf Kunst und Kultur als ein wichtiger und innovativer Bereich und Forum für zivilgesellschaftliche Aushandlungsprozesse sowohl im Dienst der Vermeidung und Überwindung von Konflikten als auch der Konsensfindung auf der Basis gegenseitiger Wahrnehmung und Akzeptanz sowie Toleranz gegenüber dem Anderen und ggf. Fremden.
Voraussetzung für Eintragung einer Studienleistung ist:
- der Besuch der zwei einführenden Sitzungen zu Beginn des Sommersemesters,
- die Teilnahme an der Veranstaltung im Hitze Haus sowie
- die Erarbeitung eines Fallbeispiels, das als Poster auf der Veranstaltung präsentiert wird.
Voraussetzung für den Erwerb einer Prüfungsleistung ist der Besuch einer Nachbereitungssitzung und die Abfassung einer schriftlichen Hausarbeit auf Grundlage des für die Veranstaltung im Hitze Haus erstellten Posters im Umfang von circa 10-12 Seiten. |